Dran bleiben lohnt sich! Bericht von der Eröffnung der Architektur-Ausstellung im Technischen Rathaus

Dranbleiben lohnt sich, das haben wir von Neustart bei der Ausstellungseröffnung am 15. September gleich mehrmals gehört . . .

Es waren viele gekommen: zukünftig Wohnende, Interessierte, Aktive und viele Weggefährt:innen, die uns schon lange begleiten. Das sind zunächst das Büro Stadtberatung Dr. Fries mit den beiden Projektmanager:innen Verica Grimm und Merlin Kull. Die beiden haben den Schwerpunkt „Bürgerbeteiligung“ und unter diesem Aspekt die Architektur-Ausstellung mit uns konzipiert. Damit noch mehr Tübinger:innen (Architekturinteressierte, genauso wie Wohnungssuchende) die Gelegenheit bekommen, unser Bauprojekt für ca. 320 Menschen im Tübinger Süden kennenzulernen.

Denn mit den Ergebnissen des Architektur-Wettbewerbs, genauer gesagt mit einem der ersten beiden Preisträgerbüros, dem Büro Partner und Partner aus Berlin geht es nun weiter. Das Büro wird beauftragt für uns und vor allem mit uns ihren Entwurf so weiterzuentwickeln, dass daraus eine konkrete Planung wird mit viel Gemeinschaftsfläche von Multisaal bis Fahrradgarage und vor allem konkrete Grundrisse für kleine wie ganz große Wohnungen. Das Ziel: hohe Wohnqualität, gute Gestaltung und so konsequent ökologisch wie möglich.

In Vertretung der Stadt Tübingen begrüßte Matthias Henzler vom Baudezernat (Leitung Projektentwicklung) die Gäste und freute sich, dass die Architekturentwürfe der Genossenschaft Neustart im Technischen Rathaus der Öffentlichkeit präsentiert werden.  Die Zusammenarbeit mit Neustart beschreibt er als beharrlich (dranbleiben!), konstruktiv und auch einzigartig:  Denn anstatt auf die Kleinteiligkeit des bekannten Tübinger Modells zu setzen, denken die Aktiven von Neustart groß, eine große Genossenschaft, statt üblicher Baugemeinschaften, große Gebäude für über 300 Menschen statt für 30-40. Für Tübingen ein Novum. Und ein Erfolg. Eine Machbarkeitsstudie wurde in Auftrag gegeben, Konzepte für ein Quartiersmanagement erarbeitet, der Bebauungsplan geändert, eine Voroption (erstmalig!) vergeben, um der Genossenschaft genügend Zeit einzuräumen ihr Konzept weiterzuentwickeln und den Architekturwettbewerb auf den Weg zu bringen, schlüssig, dass die Stadt auch in der Jury vertreten war. Als nächstes freut sich Henzler, wie er sagt, auf die Grundsteinlegung.

Sascha Rudolph, Projektleiter der IBA’27 (Internationale Bauausstellung 2027 in Stuttgart und Region) bestätigte den Neustart-Genoss:innen Mut. Mut, in einer Zeit, in der andere aufgeben (müssen), ein experimentelles Konzept auf den Weg zu bringen. Und so war es nur konsequent, dass Neustart mit seinem innovativen und partizipativen Konzept schon früh Teil des IBA-Netzwerkes wurde. Laut Sascha Rudolph steht gerade der kooperative Ansatz des Architektur-Wettbewerbs, für Neustart. Nicht Konkurrenz, sondern die Stärken im Prozess herausarbeiten und weiterentwickeln. Was übertragen auf den Wettbewerb bedeutet, dass die Architekturbüros ihre Entwurfskonzepte im Rahmen eines Zwischencolloquiums der Jury präsentierten und diskutierten - zudem konnten 30 Genoss:innen Rückmeldung geben.

Durchweg anspruchsvoll und überzeugend

Die fünf eingereichten Entwürfe haben sich allesamt in einer beachtlichen Tiefe auf die Aufgabenstellung eingelassen. Tolle Ideen für viel Gemeinschaft und Begegnung geliefert. Auch die Grundrissbeispiele waren durchdacht und wie gefordert weitgehend flächensuffizient. Doch wie sich gezeigt hat, lag gerade in der Entwicklung unterschiedlicher Wohnungstypologien für die geforderten 400 Bewohnenden die größte Herausforderung. Fast alle Büros haben diese Zahl unterschritten - teilweise deutlich. Und gut begründet, wie die Jury einräumte. Das wäre einfach zu dicht geworden und damit eindeutig auf Kosten der Wohnqualität gegangen.

In zwei Runden mit den Schwerpunkten Architektur / Grundriss und Städtebaulicher Kontext führten zwei gemischte Teams aus den Jurymitgliedern Imke Gräff (Stadtplanerin der Stadt Tübingen),  Sascha Rudolph (IBA), Johanna Neuffer und Andreas Drechsler (beide Neustart) durch die Ausstellung. Das Interesse war groß. Betrachtet wurden neben den Architekturmodellen auch die Plantafeln mit Grundrissen und Schnitten. Was ist gut, was hat überzeugt, wo liegen Schwachpunkte. Die Expert:innen haben nachvollziehbar gemacht, welche Punkte zu der Vergabe der ausgelobten Preise und Anerkennungen führte. Schlussendlich war es ein Mix aus Gestaltung, gut platzierten Gemeinschaftsflächen, Flächensuffizienz, Wirtschaftlichkeit und sehr guten Voraussetzungen für einen ökologischen Holzbau, was den Ausschlag für die Entscheidung für das Büro Partner und Partner gab.

Aus Sicht der Tübinger Wohnprojekte des Mietshäuser Syndikats unterstrich Judith Janschewski in ihrem Grußwort die politische Nähe der beiden Projekte: Wohnen als Gemeineigentum, ein Gegenkonzept zu Wohnraum als Ware und Spekulationsobjekt. Gutes Wohnen für alle, divers, bunt, vielgestaltig, sozial – und das alles von Neustart konsequent weitergedacht!

Es gab angeregte Unterhaltungen, Gruppen standen vor den Modellen und Plänen, schon tief eingetaucht in die Neustart-Welt. Ein wertvoller Aneignungsprozess hat begonnen!
Mit Musik und guter Laune hat die Neustart-Community den Abend im Technischen Rathaus ausklingen lassen.

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