Wohn- und Bodenpolitik in Tübingen: Bezahlbar Wohnen in der Stadt für Alle. Enkeltauglich, nachhaltig und divers.

Wahlprüfsteine gemeinwohlorientierter Akteure zur Oberbürgermeister*innen-Wahl in Tübingen 2022

Wir stellen 17 Fragen an die Kandidierenden für die OB-Wahl, bei denen Lippenbekenntnisse nicht reichen. Neustart hat die Initiative dazu gestartet und mehrere gemeinwohlorientierte Wohnakteure unterstützen sie – von einem starken gemeinsamen Verständnis aus: Wohnen ist Menschenrecht. Wir wollen mit ganz vielen Menschen weiterbauen an der Stadt für Alle – eine Stadt und Teilorte, in der die Menschen lebenswert und bezahlbar wohnen können. Gemeinsam verfolgen wir Enkeltauglichkeit und umfassende Nachhaltigkeit, Inklusion und Diversität sowie Quartiers- und Sozialraumorientierung. Tübingen hat hier ebenso starke Herausforderungen wie Fundamente:

Tübingen ist international Wegbereiter der kompakten Stadt der kurzen Wege, autoarm und nutzungsgemischt, die heute international als 15-Minuten-Stadt Karriere macht. Tübingen wurde dafür erst kürzlich mit dem „Städtebaupreis revisited(Info) und dem „Bundespreis Kooperative Stadt“ (Info) für Partizipation in der Quartiersentwicklung ausgezeichnet. Bei der Entwicklung lebenswerter und hochidentifizierter Stadtteile durch kriteriengeleitete, kleinparzellierte Konzeptvergabe war Tübingen Vorreiterin (und A. Feldtkeller visions- und leadershipstarker Vordenker) – getragen von politischem Willen, einer starken Bauverwaltung und hunderten Bürger*­in­nen und Baugruppen, die die Stadt mitbauen. Viele neue Quartiere mit hoher Bewohner*innen­-Identifikation und Lebensqualität zeigen, wie gut das seit einem Vierteljahrhundert funktioniert.

Tübingen steht zudem für eine Reihe weiterer wichtiger wohnpolitischer Ansätze: Der klare Vorrang für Innenentwicklung und das Zwischenerwerbsmodell; das Programm „Fairer Wohnen“; die 2021 gestartete „Dachgenossenschaft Wohnen“, die das erfolgreiche Baugruppenmodell gemeinwohl­orientiert adaptiert; die Beschlüsse gegen Leerstand und Zweckentfremdungen durch Ferien- und AirBnB-Wohnungen; die Ausdehnung der Konzeptvergabe auf die Teilorte.

Zugleich aber ist Wohnen in Tübingen für viele Menschen unbezahlbar geworden. Vor allem Menschen mit geringeren Einkommen sind oft gezwungen, in die Außenorte auszuweichen. Die Schere zwischen bezahlbaren Bestandsmieten und hohen Neuvermietungspreisen führt zusätzlich dazu, dass Menschen ihre Wohnung selbst dann halten (müssen), wenn sie bereit wären, in eine kleinere Wohnung umzuziehen.

Bild: Wohnungsanzeige Boardinghouse TÜ

Und Tübingen vergaß zu lang sozial- und enkeltauglichen Umgang mit Grund und Boden: Dutzende Wohninitiativen können mangels verfügbarer Bauflächen ihre überzeugenden Konzepte nicht umsetzen. Tübingen hat jahrzehntelang Bauoptionen in den neuen Quartieren praktisch ausschließlich im Eigentum vergeben, sodass auch hier renditeorientierte Vermietungen und Verkäufe zunehmen.

Obwohl in vielen Stadtentwicklungsaspekten Vorbild, hat Tübingen vergleichsweise spät das Thema bezahlbaren Wohnraums entdeckt. Es kam nur als bezahlbares Eigentum durch Baugruppen und innerhalb der kommunalen Wohnungsgesellschaften zum Tragen. Auch in der letzten Konzeptvergabe Hechinger Eck Nord wurden weiter Vergaben an private Eigentümer*innen vollzogen (wenngleich im Rahmen der Fairer-Wohnen-Vorgaben). Und die Stadt ist eher reserviert gegenüber Erbpacht – andere Städte wie Bonn, Stuttgart oder Freiburg setzen darauf mittlerweile als Regel.

Bild: Neustart auf SchönerWohnenBühne 8.7.22 mit dabei (Foto: M.Amann)

Wir möchten gern, dass Tübingen weiter vorangeht! Und sind nun gespannt auf die Antworten. Wir werden sie dann publik machen und öffentlich diskutieren.

Eine gemeinsame Initiative von:

Neustart: solidarisch leben & wohnen eG i.G. | Die Tübinger Wohnprojekte im Mietshäuser Syndikat | Beginenstiftung | nestbau AG, Bürger-Aktiengesellschaft für Wohnungsbau | Neue Nachbarn Tübingen GmbH + Co. KG | Wohnraumbündnis Tübingen | Wohnungslosenunterstützung Tübingen (WUT)

Zurück